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Deutschland Geheimdienste Justiz Politik Weltpolitik

Bericht: Ermittlungsverfahren vor allem gegen russische Spione

Die Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit oder ähnlicher Delikte betreffen in erster Linie russische Spione: Das berichtet die „Mitteldeutsche Zeitung“ (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Demnach gab es in den letzten zehn Jahren 123 solcher Ermittlungsverfahren. 27 richteten sich gegen russische Staatsangehörige, 22 gegen Iraner sowie jeweils 15 gegen Türken und Chinesen.

Die USA liegen mit sieben Ermittlungsverfahren auf Platz sechs – knapp hinter Syrien mit acht Verfahren. Derzeit sind in Karlsruhe acht Ermittlungsverfahren gegen ausländische Spione anhängig, schreibt die Zeitung. Nach Angaben des Auswärtigen Amts sind seit 2007 ungeachtet dessen lediglich vier Agenten aus Syrien zu „personae non gratae“ erklärt worden. Generell könnten gegen betroffene Mitarbeiter keine Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, wenn sie diplomatische Immunität genössen, heißt es dem Bericht zufolge in der Antwort. Ansonsten seien aufenthaltsrechtliche Maßnahmen Ländersache; darüber führe der Bund keine Statistik. Im Prinzip seien Ausweisungen durchsetzbar, wenn Spione zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden seien, so das Bundesinnenministerium. Überdies gebe es noch die Möglichkeit, eine zeitlich befristete Aufenthaltserlaubnis nicht zu verlängern. Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ zu den Zahlen: „Warum angesichts dieser mickrigen Ergebnisse Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz seit Jahren jeweils mit der Erhöhung ihrer Etats um zweistellige Millionenbeträge belohnt werden, bleibt völlig schleierhaft. Selbstverständlich ist das Thema Spionage diplomatisch heikel. Gleichwohl kann sie natürlich nicht geduldet werden oder sogar in besonders eklatanten Fällen, die ausnahmsweise das Licht der Öffentlichkeit erreichen, folgenlos bleiben.“ Korte nahm besonders Bezug auf die NSA-Affäre und die Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes MIT hierzulande und fügte vor diesem Hintergrund hinzu: „Wenn angesichts der öffentlich gewordenen Spionagefälle der Generalbundesanwalt gerade einmal in 15 Fällen gegen türkische und gegen US-amerikanische sogar nur in sieben Fällen ermittelt, dann hat entweder der Inlandsgeheimdienst, der ja angeblich für Spionageabwehr zuständig ist, seine Arbeit nicht gemacht, oder ihm kommen die Aktivitäten befreundeter Dienste auf deutschem Boden ganz gelegen. Von einer normal arbeitenden Spionageabwehr müsste man erwarten, dass sie genug Belege dafür liefert, damit die Ausweisung der an der Spionage Beteiligten nur eine Formsache ist.“

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Deutschland Politik Unternehmen

Wirtschaftsministerium will Innovationen mit Milliarden fördern

Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hat einen Reformplan für mehr Innovationen in Deutschland erarbeiten lassen. Das zehnseitige Papier ihres Ministeriums, das der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstagsausgabe) vorliegt, sieht Finanzhilfen und Steuererleichterungen für Unternehmen vor, aber auch neue sogenannte „Denkfabriken“. „Das Volumen für zusätzliche Maßnahmen zur Innovationsförderung liegt in der Größenordnung von rund einer Milliarde Euro“, sagt Wirtschafts-Staatssekretär Matthias Machnig.

Ziel sei es, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken. „Wenn wir auch bei den Produkten von Morgen Exportmeister sein wollen, muss unsere Wirtschaft mehr forschen und entwickeln, insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen“, fordert Machnig. Im Zentrum des Milliardenplans stehen Finanzanreize. Bis zu 750 Millionen Euro jährlich will die Regierung allein für eine steuerliche Förderung der Forschung im Mittelstand bereit stellen. Das Modell sieht vor, dass Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten zehn Prozent der Personalkosten in Forschung und Entwicklung von den monatlichen Lohnsteuerkosten abgezogen wird. Zudem sollen drei nationale Forschungsprogramme für den Mittelstand um insgesamt mindestens 200 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt werden. Helfen soll auch ein neuer Gründerfonds, den die Regierung mit einem Volumen von 300 Millionen Euro auflegen will. Zudem plant das Ministerium über die staatliche Förderbank KfW eine „dauerhafte, eigenständige Struktur der Wagniskapitalfinanzierung zu schaffen“. Die Wagniskapitalinvestitionen in Deutschland sollen sich nach dem Willen der Regierung in den kommenden Jahren verdoppeln. Im internationalen Vergleich will die Bundesregierung Lücken zu anderen Volkswirtschaften schließen. Bis 2025 sollen die deutschen Forschungsausgaben als Anteil an der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes von 3 auf 3,5 Prozent steigern – Länder wie Südkorea geben schon mehr als vier Prozent aus. Das Wirtschaftsministerium denkt zudem denkt über den Aufbau einer staatlichen Denkfabrik nach US-Vorbild nach. „Wir wollen prüfen, ob wir ein Strategisches Innovationszentrum Deutschland mit Elementen des DARPA der USA einführen“, heißt es im Eckpunkte-Papier das Ministeriums. Vorbild ist die mächtige Forschungsbehörde Defense Advanced Research Projects Agency des US-Verteidigungsministeriums, die maßgeblich an der Entwicklung des Internets und des Mobilfunkstandards GPS beteiligt war. In Deutschland könne so eine vom Wirtschafts- und Forschungsministerium getragene Einrichtung entstehen, die Empfehlungen für die Entwicklung und Förderung von Schlüsseltechnologien erarbeite, heißt es in dem Papier weiter. Auch die Ziele der Förderung will das Ministerium neu ausrichten. „Erstens brauchen wir eine bessere, technologieoffene Innovationsförderung und zweitens brauchen wir eine stärkere Fokussierung auf strategische Schlüsselbereiche und zukunftsrelevante Technologien, wie z.B. die Mikroelektronik“, sagt Wirtschaftsministerin Zypries. Weiter Schwerpunkte will das Ministerium in den Bereichen Bioökonomie, Quantentechnologie und Künstliche Intelligenz setzen.

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Deutschland Gemischtes SAH Straßenverkehr Unglücke

48-Jährige stirbt bei Unfall im Burgenlandkreis

Bei einem Verkehrsunfall im Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt ist am Montag eine 48-Jährige ums Leben gekommen. Die Frau war gegen 18:30 Uhr auf der Landstraße 188 zwischen Weißenfels und Lützen mit einem Nissan von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Der Notarzt konnte bei Frau aus Lützen, die sich allein im Auto befand, nur noch den Tod feststellen.

Die Landstraße war zwecks Unfallaufnahme und Bergung bis 21:30 Uhr voll gesperrt.

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Börse Börsenbericht USA Wirtschaft

US-Börsen legen am Ostermontag zu

Der Dow hat am Montag zugelegt. Zum Handelsende in New York wurde der Index mit 20.636,92 Punkten berechnet, ein Plus in Höhe von 0,90 Prozent im Vergleich zum vorherigen Handelstag. Wenige Minuten zuvor war der breiter gefasste S&P 500 mit rund 2.345 Punkten im Plus gewesen (+0,83 Prozent), die Technologiebörse Nasdaq berechnete den Nasdaq 100 zu diesem Zeitpunkt mit rund 5.395 Punkten (+0,82 Prozent).

Die europäische Gemeinschaftswährung tendierte am Montagabend stärker. Ein Euro kostete 1,0641 US-Dollar (+0,30 Prozent). Der Goldpreis zeigte sich schwächer, am Abend wurden für eine Feinunze 1.282,59 US-Dollar gezahlt (-0,23 Prozent). Das entspricht einem Preis von 38,75 Euro pro Gramm. In Deutschland waren die Börsen wegen eines kirchlichen Feiertages geschlossen.

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2. Liga Bundesliga Deutschland Fußball Sport

2. Bundesliga: Stuttgart dreht Partie gegen Bielefeld

Zum Abschluss des 29. Spieltages in der 2. Bundesliga hat Arminia Bielefeld gegen den VfB Stuttgart mit 2:3 verloren. Christoph Hemlein hatte die Westfalen in der 15. Minute zunächst in Führung gebracht. Die Arminia konnte den Vorsprung souverän bis in die Halbzeit halten, während sich Stuttgart zunächst unkoordiniert präsentierte.

Ein Doppelschlag der Stuttgarter Alexandru Maxim und Simon Terodde in der 51. und 54. Minute drehte die Partie dann aber trotzdem. Reinhold Yabo konnte in der 73. Minute zwar den Ausgleich für Bielefeld erzielen, Terodde traf aber in der 89. Minute erneut. In der Tabelle ist Stuttgart damit auf Platz eins, Bielefeld bleibt in der Abstiegszone.

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Deutschland Militär Politik Türkei

Von der Leyen verteidigt Nato-Mitgliedschaft der Türkei

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die Nato-Mitgliedschaft der Türkei verteidigt. Gegenüber „Bild“ (Dienstag) sagte von der Leyen: „Die Entwicklung in der Türkei macht es uns schwer, aber keiner sollte glauben, dass eine Türkei außerhalb der Nato einfacher ist im Umgang als eine Türkei in der Nato.“ Die Türkei werde aufgrund ihrer geographischen Lage immer Europas Nachbar bleiben.

„In der Nato können wir mit der Türkei über unsere Vorstellungen einer demokratischen und offenen Gesellschaft intensiver diskutieren, gerade auch im Interesse der vielen Türken, die eine tiefergehende Spaltung ihres Landes verhindern und zum besonnenen Dialog innerhalb der Türkei wie auch zum Bündnis zurückkehren wollen“, so von der Leyen. Es sei jetzt vor allem an Präsident Erdogan zu zeigen dass er in der Allianz, die mehr ist als ein reines militärisches Bündnis, ein verlässlicher Partner bleiben möchte. „Uns verbinden weiterhin gemeinsame Sicherheitsinteressen“, sagte die Verteidigungsministerin.

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Deutschland Politik Türkei

Özdemir fordert von Deutsch-Türken Bekenntnis zur neuen Heimat

Angesichts des Ausgangs des Verfassungs-Referendums in der Türkei hat Grünen-Chef Cem Özdemir die in Deutschland lebenden türkisch-stämmigen Mitbürger aufgerufen, sich zu ihrer neuen Heimat zu bekennen. In einem Gastbeitrag für „Bild“ (Dienstag) schreibt Özdemir: „Das Wahlergebnis zeigt auch, dass wir in Sachen Integration noch einen langen Weg vor uns haben: Es gibt offensichtlich unter den Deutsch-Türken diejenigen, die glauben es reicht aus, wenn man nur mit den Zehenspitzen auf dem Grundgesetz steht. Man muss sich aber schon ganz zu den Werten und zur Verfassung unseres Landes bekennen, wenn man hier auf Dauer glücklich werden will.“

Von der Bundesregierung forderte Özdemir endlich aus den Fehlern der Integrationspolitik der letzten Jahrzehnte zu lernen. „Wir brauchen eine Strategie, die zum Ziel hat, Kopf und Herzen der Deutsch-Türken zu erreichen“, so Özdemir. Deutschland sei ein offenes Land, aber auch eines mit einem großartigen Grundgesetz und einer Werteordnung, deren Respekt wir von allen einfordern. In Deutschland hatten mehr als 60 Prozent der türkisch-stämmigen Wähler für die Verfassungsreform gestimmt.

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BER Deutschland Gesundheit Kurioses Politik

Hanfverband veranstaltet öffentliches Kiffen

Der Deutsche Hanfverband will erstmals in Deutschland ein öffentliches und gleichzeitig legales Kiffen veranstalten. In einer Mitteilung vom Montag rief die Lobbygruppe Patienten mit Rezept oder Genehmigung dazu auf, am 20. April im Berliner Görlitzer Park gemeinsam „ihre Medizin einzunehmen“. Damit solle ein Zeichen für „Akzeptanz statt Null-Toleranz“ gesetzt werden.

Die Veranstaltung sei polizeilich angemeldet und völlig legal. Auch Menschen ohne Rezept oder Ausnahmegenehmigung für Cannabis seien eingeladen, „ihre Solidarität zu zeigen“. Der Görlitzer Park in Berlin ist ein überregional bekannter Drogenumschlagplatz. Seit März diesen Jahres können bedürftige, chronisch Schwerkranke Cannabis auf Rezept bekommen, wobei die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden. Ein entsprechendes Gesetz war im Januar vom Bundestag beschlossen worden.

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Arbeitsmarkt Deutschland Steuern Wirtschaft

4,2 Millionen Arbeitnehmer zahlen Spitzensteuersatz

Insgesamt 4,2 Millionen Arbeitnehmer zahlen in Deutschland aufgrund ihres Einkommen den Spitzensteuersatz von 42 Prozent. Das geht aus einer bislang unveröffentlichten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) hervor, über die das „Handelsblatt“ (Dienstag) berichtet. Die nach Einkommen bemessen obersten zehn Prozent in Deutschland seien mit 48,2 Prozent fast für die Hälfte des gesamten Einkommensteueraufkommens verantwortlich, die obersten 30 Prozent gar für 79 Prozent.

2,7 Millionen Erwerbstätige zahlen dagegen laut der Studie aufgrund zu geringen Verdienstes überhaupt keine Steuern. Die Studie zeigt zudem, wie stark Gering- und Durchschnittsverdiener durch Steuern und Abgaben belastet werden. Ein Single mit einem Bruttogehalt von 1.940 Euro im Monat zahlt demnach 46 Prozent Steuern und Abgaben. Ein alleinstehender Durchschnittsverdiener mit 3.250 Euro muss mit 51 Prozent mehr als jeden zweiten Euro abführen. Ein Ehepaar ohne Kinder und mit einem Einkommen von 4.040 Euro zahlt 47 Prozent Steuern und Abgaben, eine Familie mit zwei Kindern und 6.170 Euro monatlichem Einkommen 44 Prozent. Eine Steuersenkung würde nicht nur die hohe Steuerlast senken, sondern auch „die Anreize verbessern, eine Beschäftigung aufzunehmen oder die Arbeitszeit zu erhöhen“, heißt es in der Studie. Der Steuerzahlerbund hat bereits ein Konzept für eine Steuerreform fertiggestellt. „Das Entlastungsvolumen unseres Tarifvorschlages liegt bei jährlich rund 40 Milliarden Euro“, sagte Verbandschef Reiner Holznagel dem „Handelsblatt“. „Mit unserem Tarif wird die prozentuale Belastung der Einkommen in etwa wieder auf das Niveau von 2010 zurückgeführt.“ Der Steuerzahlerband will den so genannten Mittelstandsbauch abflachen, der besonders Geringverdiener stark belastet, und den Spitzensteuersatz mit 80.000 Euro Jahreseinkommen deutlich später greifen lassen als heute. Wer 20.000 Euro im Jahr verdient, hätte so künftig 592 Euro mehr im Jahr in der Tasche, oder 23,5 Prozent. Arbeitnehmer mit 45.000 Euro Jahreseinkommen würden maximal einen Steuersatz von 35 Prozent zahlen und hätten 1.744 Euro mehr im Jahr zum Ausgeben – immerhin 16,4 Prozent. Aber auch Gut- und Spitzenverdiener dürften sich über Entlastungen freuen, da ihr Einkommen bis 80.000 Euro geringer besteuert wird. Ein Top-Manager mit 250.000 Euro Jahreseinkommen bliebe so eine Entlastung von knapp drei Prozent.

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BAY Deutschland Gemischtes NRW Wetter

Verkehrsbehinderungen durch Schneefälle

In höheren Lagen ist es am Montag zu Verkehrsbehinderungen durch Schneefälle gekommen. Betroffen waren unter anderem der Bayerische Wald, das Arbergebiet und Teile des nordöstlichen Niederbayerns. Auch im Sauerland in NRW gab es am Montagmorgen auf der A45 eine dicke Schneedecke.

Räum- und Streufahrzeuge waren im Einsatz. Vereinzelt kam es zu Unfällen, so bei Mauth im Landkreis Freyung-Grafenau. Die dortige Staatsstraße 2130 musste gesperrt werden. Die Polizei rief die Verkehrsteilnehmer auf, ihre Fahrweise den erschwerten Bedingungen anzupassen. Der Deutsche Wetterdienst warnte vor Schneefall in den Höhenlagen, insbesondere oberhalb von 600 Metern. Der Schneefall reichte am Montagmorgen aber teilweise auch bis in tiefere Lagen von etwa 300 Metern. Ab 1000 Meter müsse in der Nacht zum Dienstag mit Schneemengen zwischen 25 und 40 Zentimetern gerechnet werden und verbreitet werde es in der Nacht zum Dienstag glatt, so der DWD, insbesondere in der Südhälfte Deutschlands.

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EU Österreich Politik Türkei

Österreich fordert Stopp der EU-Vorbeitrittshilfen

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz fordert den Stopp der EU-Vorbeitrittshilfen. „Es muss endlich sicher gestellt werden, dass nicht noch mehr Geld für einen Beitritt, der ohnehin nicht stattfindet, in die Türkei fließt“, sagte er gegenüber „Bild“ (Dienstag). Es brauche keine Annäherungsunterstützung, weil es seit Jahren keine Annäherung, sondern nur Entfernung gäbe, erklärte der Diplomat.

Man dürfe nach dem Referendum nicht so tun, als wäre nichts passiert, sagte Kurz. Gegenüber „Bild“ sagte der österreichische Politiker: „Die Türkei entwickelt sich in eine immer negativere Richtung. Ich sehe keinen Spielraum für Visafreiheit. Wir sollten lieber diejenigen unterstützen, die sich in der Türkei für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einsetzen. Die Türkei soll von uns keine Versprechungen mehr bekommen. Erdogan hat bewusst einen antieuropäischen Wahlkampf geführt und Europa frontal attackiert. Nazi-Vergleiche sind nichts, was man ignorieren kann.“ Das Referendum habe das Land nur noch weiter weg von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geführt.

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Deutschland Integration Politik Türkei Wahlen

Özoguz warnt vor pauschaler Kritik an Deutsch-Türken

Integrations-Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD) hat davor gewarnt, die in Deutschland lebenden Türken wegen ihres Abstimmungsverhaltens beim Referendum pauschal zu kritisieren. „Unter dem Strich haben nur etwa 14 Prozent aller hier lebenden Deutsch-Türken mit Ja gestimmt“, sagte Özoguz der „Saarbrücker Zeitung“ (Dienstagsausgabe). „Das ist klar nicht die Mehrheit. Das muss man mal zur Kenntnis nehmen.“

Die Politikerin wies darauf hin, dass die meisten Deutsch-Türken gar nicht zur Wahl gegangen seien. Das Auftreten von Nationalisten unter Migranten sei darüber hinaus „keine Besonderheit der Deutsch-Türken, so wenig es uns gefallen kann“, sagte Özoguz. Das gebe es unter allen Migrantengruppen auch in anderen Ländern. Die Staatsministerin rief zur „Mäßigung“ in der Debatte darüber auf. „Man kann das kritisieren, auch hart, aber man darf nicht immer wieder so tun, als kämen diese Menschen von einem anderen Stern.“ Forderungen aus der Union, die EU-Beitrittsgespräche zu stoppen, lehnte Özoguz ab. „Noch bevor ein amtliches Ergebnis vorliegt, ist jede derartige Forderung überzogen und verfrüht.“ Zudem müsse abgewartet werden, „was Erdogan mit der neuen Machtfülle macht“. Das Präsidialsystem allein sei kein Ausschlussgrund. „Die Frage ist, wie es weiter geht. Die Einführung der Todesstrafe ist klar eine rote Linie“, so die Staatsministerin.

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Deutschland EU Politik Türkei Weltpolitik

Özdemir für Prüfung sämtlicher Finanzströme in die Türkei

Grünen-Chef Cem Özdemir fordert nach dem Referendum in der Türkei eine umfassende Prüfung sämtlicher Finanzströme in das Land: „Wir wollen die türkische Bevölkerung nicht bestrafen, das wäre falsch. Aber wir wollen Erdogans antidemokratische Agenda nicht auch noch mitfinanzieren“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Aus dem Ergebnis folgt, dass es keine Aufnahme der Gespräche um eine Ausweitung der türkisch-europäischen Zollunion geben darf, ohne eine klare Rückkehr zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“, sagte Özdemir, der auch Spitzenkandidat seiner Partei im Bundestagswahlkampf 2017 ist.

„Ebenso sollten keine deutschen Finanzhilfen zur Abfederung der Wirtschaftskrise in der Türkei fließen und europäische Heranführungshilfen ausschließlich an zivilgesellschaftliche, pro-demokratische Organisationen.“ Özdemir stellte klar, dass „mit dem orientalischen Despoten Erdogan“ die Türkei nicht Mitglied der Europäischen Union werden könne. Die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der EU lägen faktisch auf Eis und sollten da auch bleiben. „Eine Wiedereinführung der Todesstrafe würde jedoch tatsächlich das Aus der Verhandlungen bedeuten.“

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Deutschland EU Politik Türkei Weltpolitik

Gabriel hält EU-Beitritt der Türkei weiterhin für möglich

Trotz des Verfassungs-Referendums schließt Außenminister Sigmar Gabriel einen EU-Beitritt der Türkei weiterhin nicht aus. „Die Türkei hat es in der Hand“, sagte Gabriel der „Bild“. Entscheidungen stünden für längere Zeit noch nicht an, derzeit ginge ein Beitritt ohnehin nicht, so der Außenminister.

„Die Türkei sollte sich nicht noch weiter von Europa entfernen, schon in ihrem eigenen Interesse.“ Die Einführung der Todesstrafe wäre „gleichbedeutend mit dem Ende des Traums von Europa“. Auch einen Austritt der Türkei aus der Nato befürwortet Gabriel ausdrücklich nicht. „Die Türkei bleibt ein großer Nachbar, den wir selbst zur Zeit der Militärdiktatur Anfang der 80er Jahre nicht aus der Nato ausgeschlossen haben, um ihn nicht in die Hände der Sowjetunion zu treiben. Und auch heute wollen wir die Türkei bei uns halten und nicht in die außenpolitische Isolation oder gar Richtung Russland drängen“, sagte der Außenminister. Hart zeigte sich Gabriel dagegen beim Umgang der Türkei mit ihren Landsleuten in Deutschland. „Wir werden keine Spaltung der Gesellschaft in Deutschland zulassen. Der Wahlkampf war extrem aufgeheizt, auch in Deutschland, und hat Türkei-stämmige Menschen bei uns polarisiert. Einer politischen Radikalisierung und dem Ausspionieren von Menschen in unserem Land werden wir uns energisch entgegenstellen“, so Gabriel.

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Deutschland Integration Politik Türkei Wahlen Weltpolitik

Roth: Integrationsprobleme führten zu Erdogans Wahlerfolg unter Deutsch-Türken

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) führt den Wahlerfolg des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei den türkischstämmigen Wählern in Deutschland auf Fehler bei der Integration hierzulande zurück. „Ja, wir haben ein Integrationsproblem“, sagte Roth der „Welt“. Es seien gravierende Fehler gemacht worden: „Deutschland hat sich über viele Jahre nicht offen gezeigt. Wie oft hat man unser Land als Teil des christlichen Abendlandes dargestellt und damit auch gesagt, dass Muslime nicht dazugehören“, kritisierte die Grünen-Politikerin.

„Wie oft hat man immer wieder in Frage gestellt, ob die Türkei überhaupt zu Europa gehört und ob es den Doppelpass geben soll. Das mussten viele Menschen als ausgrenzend empfinden.“ Und dann habe Erdogan diesen Menschen im Wahlkampf gesagt: „Ich gebe euch euren Stolz zurück“, sagte Roth. „Das fällt dann auf fruchtbaren Boden.“ Erdogans antideutsche Kampagne habe offenbar Erfolg gezeigt: „Tatsächlich sind ja im Umgang mit unseren türkeistämmigen Mitbürgern in den vergangenen Jahrzehnten Fehler gemacht worden, die Verletzungen hinterlassen haben. Ein türkischer Nachname ist auch heute noch eine Hürde beim Zugang zu Wohnung oder Ausbildungsplatz“, kritisierte Roth. Die frühere Grünen-Vorsitzende forderte stärkere Integrationsbemühungen vor allem seitens der Deutschen: „Wir müssen uns extrem bemühen um diese Menschen, die glauben, dass Erdogans Putsch von oben gut sei für die Türkei. Wir müssen viel stärker den Wert von Demokratie und Rechtsstaat in und mit der EU bewerben.“ Dies gelte nicht nur wegen der Erdogan-Anhänger in unserem Land: „Auch so manchem AfD-Anhänger muss der Wert einer freiheitlichen Gesellschaft noch viel stärker klar gemacht werden.“ Das Modell eines demokratischen Europas müsse entschiedener gegen diejenigen verteidigt werden, die es ablehnten. Außerdem forderte Roth, türkischen Menschen in Deutschland das kommunale Wahlrecht zuzugestehen und ihnen auch die Einbürgerung zu erleichtern. „Das wäre ein Zeichen der Gleichberechtigung.“ Zugleich warnte die Bundestagsvizepräsidentin vor türkeifeindlichen Ressentiments: „Wir dürfen nicht zulassen, dass jetzt eine antitürkische Stimmung aufkommt. Die Hälfte der Menschen in der Türkei und der Großteil der Türkeistämmigen hier in Deutschland sind für Demokratie. Diese prodemokratischen Kräfte müssen wir jetzt stärken.“